Unsere etwas älteren Empfehlungen - immer noch lesenswert:
Über Menschen
von: Juli Zeh
Der Konflikt zwischen Stadt und Land hat schon ganze Kulturtheorien hervorgebracht Man kann das auch unterhaltsamer haben: Juli Zeh erzählt in ihrem neuen Roman äußerst klug und unterhaltsam über ein einfaches wie kompliziertes Thema: „Über Menschen”.
Dora ist aufs Land geflüchtet: sie hat sich ein altes lauschiges Gutshaus gekauft, im fiktiven Dorf Bracken irgendwo an der Priegnitz, einziger Nachteil: zu viel Grundstück dazu. Da gibt es einiges zu tun, wenn man das Gemüse aus dem eigenen Anbau genießen will. Ihr stressiges Leben als Werbetexterin in Berlin hat Dora zurückgelassen, auch das mit Robert, denn der entwickelt sich in Coronazeiten zu einem nahezu militanten Lockdownfanatiker. Weshalb ihn Dora heimlich „Robert Koch” getauft hat. Ihr neuer Nachbar im Dorf ist ein Neonazi, weitere Nachbarn sind ein Männerpaar, die auch in Lockdownzeiten zum Spargelanbau ausländische Spargelstecher einreisen lassen. Dora findet natürlich nicht die Idylle vor, die sie nicht erwartet hat, aber es passieren Dinge, die ihr Weltbild gehörig ins Wanken bringen.
Juli Zeh hat einen wunderbar ernsten und sogleich amüsanten Roman geschrieben, in dem modische Ideologien nicht nur bissig-witzig auf den Punkt gebracht, sondern auch kritisch hinterfragt werden. Ganz normale Menschen stehen hier im Mittelpunkt, mit all ihren Schwächen, Ängsten und Vorlieben. Die Autorin wirbt gekonnt und empathisch für weniger Regeln und Schubladendenken und plädiert für mehr Verständnis und Offenheit, was heutzutage keine Selbstverständlichkeit ist.